Zu Teil 2 | Zu Teil 3

Okay, wie war das mit dem Storytelling? Ist ja nicht so, als hätten sich nicht bei mir in den letzten Jahren ein paar Ideen und Ansätze für Geschichten gesammelt, die ich nie ausformuliert habe.

Natürlich schiebe ich das jetzt einfach auf mein noch-Unvermögen, eine Geschichte gut erzählen zu können, und ignoriere lieber völlig, dass das irgendetwas mit Prioritäten zu tun hat oder es durch einfach machen hätte passieren können.

Jedenfalls, bevor die Ideen allerdings wirklich in der Zeit verloren gehen, so wie Tränen im Regen, mache ich wenigstens eine kleine dreiteilige Blog-Kette draus, in denen ich die Inhalte und die Ideen für die besten und „besten“ Geschichten skizziere.

Wenn du Bock hast, was draus zu machen – bitte, bedien dich!

Übersicht

„Schatten der Vergangenheit“

Die Protagonistin hat keine Vergangenheit und lebt ganz bewusst im Hier und Jetzt. Es ist nicht so, als würde sie sich nicht erinnern können, was vor Tagen oder Wochen noch passiert ist, aber alles über mehrere Monate hinaus verschwindet und hinterlässt nur das Gefühl bei ihr, dass sie sich an etwas erinnern müsste.

Dennoch holt sie die Vergangenheit dabei immer wieder in Momenten der Ruhe und Reflexion ein, wie ein Schatten, der langsam eine Gestalt annimmt. Und wenn sie dann versucht, sich ihrer Vergangenheit zu stellen, dann verflüchtigen sich die Erinnerungen daran wieder – genauso wie ein Schatten, wenn die Sonne hinter Wolken verschwindet.

Die Idee: Die Hauptidee für mich in dieser Geschichte sollte der Versuch sein, sich mit dem auseinanderzusetzen, was Erinnerungen sind und wie sie uns ausmachen können, und genauso, wie sie unsere Zukunft gestalten, gleichermaßen (bio-)psychologisch wie auch philosophisch.

Dabei wollte ich ganz bewusst nicht die surreale David-Lynch-Route gehen, sondern die Erfahrungen im episodischen Alltag der Protagonistin als Fragmente auftauchen lassen, die ihren Fluss des „beschäftigten Lebens“ gelegentlich stören, und sie diese dann durch verschiedene Handlungen zu kontextualisieren versucht. Das war in ähnlicher Form hervorragend im Film „Arrival“ gelöst!

Eine Auflösung oder einen Cliffhanger hatte ich bewusst nicht geplant.

„Die große Ordnung“

Das Universum selbst ist empfindungsfähig und strebt nach Ordnung, nur nicht nach dem, was wir in unserem sehr kurzen Leben als „Ordnung“ verstehen.

Für uns hat Ordnung ein gewisses Maß an Kontrolle. Vielleicht kontrolliert das Universum allerdings gar nichts – und das ist seine Wahrnehmung von „Ordnung“: Alles geht seiner natürlichen Existenz nach.

Die Idee: Wie schreibt man eine Geschichte aus Sicht des Universums? Vielleicht eher aus der Sicht eines Beobachters, der beschreibt, was über einen sehr langen Zeitraum passiert – jeweils in einigen Momenten? Und würde David Attenborough diese Doku erzählen?

Außerdem: jepp, Zeitpfeil.

„Und alles wurde Ich und ich wurde Alles“

Als der Protagonist sich morgens durch seine Müdigkeit im Gedanken verliert, allmächtig zu sein, und dabei gerade in den Spiegel in seinem Badezimmer blickt, sieht er dabei sich – als würde er sich von außen sehen, und durch die Augen einer fremden, unbestimmbaren Macht, von der er und die in ihm Teil ist.

Die Welt um ihn herum wird dunkel, als würde er sich selbst sehend allein im Kosmos stehen, wie er die Leere betrachtet, und das Gefühl von Nichts wird durch den Druck verstärkt, den er dabei spürt, und dann passiert … Nichts.

Etwas irritiert geht der Protagonist dann seinem üblichen Tagesablauf nach.

Im Laufe der nächsten Zeit bemerkt der Protagonist, wie er anfängt, Realität anders wahrzunehmen, wie sich für ihn Zusammenhänge ändern und offenbaren, wie sich für ihn Widersprüche auflösen. Wie er sich von der Welt nach und nach zu lösen scheint, und wie sich viele kleine Interaktionen, wie Gespräche, dann generell zwischenmenschlich, und dann tatsächlich physikalisch ändern, bis das alles exponentiell mehr wird; sich sein Blick im Maßstab auf die Dinge immer weiter zu vergrößern scheint.

Als „alles“ dann letztlich weiß wird, sieht er sich genau an der Stelle vor dem Spiegel zu Beginn der Geschichte, und er sieht sich durch den Spiegel an. Und als letzter und notwendiger Schritt wird er ein eigenes Universum, als er Allmacht vollends versteht: „Und alles wurde Ich und ich wurde Alles.“

Die Idee: Hier würden mehrere Ansätze zusammen kommen, von den ureigensten philosophischen Fragen bis hin zu Pop-Sci: Kann man Allmacht logisch begegnen, und wie sähe diese Logik aus? Was ist unser Verständnis von Allmacht? Was könnte die Dreifaltigkeit „Omnipotenz ‹› Omnipräsenz ‹› Omniszienz“ konkret bedeuten? Entstand das Universum schlicht aus der Notwendigkeit heraus zu existieren?

Schade, dass ich die Antworten darauf wohl nie aufschreiben werde! Ansonsten gibt’s ja auch noch das Ende von Akira (wie im Anime).

Und diese kleine Anekdote am Rande: Das Gefühl, sich zu sehen im Spiegel, das war eine der für mich noch immer bedrückendsten und angsteinflößendsten Erfahrungen, die ich eine Zeitlang als Jugendlicher gelegentlich mal hatte. Und was würde ich dafür geben, das noch mal zu erleben, und dieses Mal dann nicht meine Augen zu schließen, sondern den Moment bis zum Ende zu leben.

„Und dann warten wir“

In einer unbestimmten Zukunft, die postapokalyptisch ist, aber die Zivilisation wieder etwas zu sich gefunden hat, geht die Geschichte der Ursprünglichen um:

Alle paar Jahrzehnte würden sich diese Ursprünglichen in einem Gebäude aus „vor der Zeit“ zu erkennen geben, das durch ein dann ertönendes massives Geräusch zu finden sei.

Eine Gruppe von Jugendlichen macht sich auf, um dieser Geschichte nachzugehen.

Die Idee: Nimm das, John Cage! Das passiert, wenn „Organ/ASLSP“ ernsthaft resilient weiterläuft. Und ja, die Geschichte hätte ich sehr ironisch geschrieben, vor allem, wenn die übrig bleibenden Jugendlichen letztlich die abgeranzte Orgel gefunden hätten, aber gar nicht lesen könnten, was draufsteht und was das alles bedeutet, weil sie ja gar nicht lesen können.

„(K)ein glücklicher Zufall“

Aus der wechselnden Sicht von ihr und von ihm, wie sie ihre Leben leben; einzelne Stationen werden dabei episodenhaft betrachtet. Immer wieder mal sieht man ihre Beziehungen, wie sie scheitern, und wie beide an ihre erfüllenden Gegenstücke denken und stets auch bei neuen Beziehungen diese Sehnsucht bleibt, und sie darüber reflektieren, wo sie einander verpasst haben.

Allerdings: Sie haben sich nie getroffen, und sie kennen einander nicht einmal – das war alles nur Zufall. Und sie finden nicht zueinander.

Die Idee: Ich hatte als Kind diesen Film gesehen, in dem diese zwei verliebten Menschen einander suchten und ständig knapp verpasst haben, und man, hat mich das aufgeregt. Die Rache?

Oder eine Idee über Sehnsüchte, unerfüllte Wünsche und der Idee, was Glück ausmacht und wie es zu finden ist.

„Das Berg-Camp“

Der Protagonist ist in einer Art Forschungscamp auf einem Berg tätig, und schaut von dort regelmäßig auf die postapokalyptische Welt am Fuße des Berges herab.

Unerwartet und unerklärlich taucht auf einmal eine alte Freundin von ihm auf, und während alle um ihn herum der Frage, wo sie hergekommen sei, ausweichen, stellt er fest, dass er selbst nicht mehr genau weiß, wie er dort hingekommen ist.

Um diese Umstände und die genauso wenig beantworteten Fragen der Apokalypse zu ergründen, flüchten die beiden aus dem Camp, in dem sie in die Tunnel im Berg unterhalb des Camps herabsteigen, wo angeblich schreckliche Gestalten der Apokalypse hausen sollen.

Dabei stellt sich heraus, dass sie lediglich in einer Gefechtssimulation gelandet sind – was die Frau nur deshalb erkennt, da sie von der Apokalypse nichts wusste, und dem Mann diese Bilder nur suggeriert wurden, dass diese „Aliens“ der Grund für diese Apokalypse gewesen sein sollen.

Auf ihrer weiteren Flucht treffen sie auf weitere Freunde und ein „Begleiter“ von ihnen: ein Enten-ähnliches Alien, nur in größer.

Dabei geraten sie am Fuße des Berges in einen Hinterhalt von Leuten aus dem Berg-Camp, und im verzweifeltsten Augenblick, als die Lage aussichtslos erscheint, rettet die Alien-Ente den Tag, und klärt die Protagonisten auf, was genau wirklich passiert ist.

Die Idee: Okay, das ist kein Spoiler, erklärt dafür den Kontext: Ich wollte auch mal eine Folge für “Doctor Who“ schreiben. Entsprechend sollte die Geschichte auch einen Trash-Charakter voller erfüllter Klischees haben, die sich in Absurdität langsam steigern und sammeln, und es eigentlich auch gar keine Rolle spielt, dass die Protagonisten in der Geschichte sind. Bis auf die Alien-Ente.

„Rot und Blau“

Aus der Ich-Perspektive erzählt, empfängt der Protagonist in einem Hotel, in dem er Geschäftsführer ist, einen alten Freund, der früher mal ein richtig guter Hacker gewesen ist, und den er schon ewig lange nicht mehr gesehen hatte.

Nach und nach stoßen weitere Freunde von seinem alten Freund zu, die sich gemeinschaftlich eine große Suite teilen. Durch diverse Beobachtungen und Andeutungen in Gesprächen mit seinem Freund und der Gruppe, die erstaunlich viel über ihn zu wissen scheint, findet der Protagonist heraus, dass diese Gruppe offensichtlich einen Raub plant – bei dem er selbst irgendwie ohne sein Wissen involviert sein soll.

Das Wissen darüber will er sich zu Nutze machen, um die Gruppe zu sabotieren, und arbeitet dafür mit einem ehemaligen hochrangigen Angestellten einer Sicherheitsfirma zusammen, der öfter bei ihm im Hotel Gast ist, in der Hoffnung, nie ertappt zu werden und gleichzeitig die „Erwartungen“ der Gruppe zu erfüllen.

Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt.

Die Idee: … hatte ich tatsächlich schon ein paar Jahre vor „The Night Manager“, was sich durch meine Plot-Twists zeigen sollte:

Die Gruppe hat von vornherein damit gearbeitet, dass der Protagonist „dahinter“ kommen würde, und erst zum Ende der Geschichte, als aus der Erzählung ein Gespräch in einem Verhör wird, wird dem Protagonisten klar, wie er letztlich für alle Aktivitäten der Gruppe verantwortlich gemacht wird, nachdem sich der ehemalige Angestellten der Sicherheitsfirma als verdeckter Ermittler zu erkennen gibt – aus dessen Sicht der Protagonist versucht hatte, die Schuld der Gruppe in die Schuhe zu schieben.

„Strahlen, vom Himmel, gold und glitzernd“

Zum Ende ihres Lebens berichtet eine alte Frau, wie sie sich erinnert, als die Strahlen, vom Himmel, gold und glitzernd, die Hauptstädte der Welt erleuchteten, wie sich auf jedem Bildschirm des Planeten für alle Betrachter:innen kurzzeitig eine „Erscheinung“ zu erkennen gab – und danach nie wieder direkt, während die Strahlen ständig und an immer anderen Orten weiter schienen.

Durch diesen immensen Kulturschock fand die Menschheit zueinander und kollaborierte, um ihre Ressourcen gerecht zu verteilen und den Planeten zu einem besseren Ort zu machen, statt einander zu bekriegen.

Jahrzehnte vergingen, und alles lief gut, bis in den nachfolgenden Generationen die ersten Menschen die „Erscheinung“ anzweifelten und in größeren Mengen anfingen, gegen diese „Erfindung der Herrschenden“ zu rebellieren und in alte Muster zurückfielen.

Es dauerte dann nicht mehr lange, und die goldenen Strahlen, so berichtet sie weiter, sich sammelten, blau wurden, und die Erde verließen.

Die Welt zerfiel endgültig und unüberwindbar. Menschen, die die Strahlen letztlich anzweifelten, und die wenigen, die sich noch erinnern konnten, fingen an darüber zu streiten, wie sie richtig zu interpretieren seien.

„Und so“, beendet die Frau ihre Erzählung, „war der der Tag, als Gott uns verließ, auch der Tag, an dem die Menschheit endete.“

Die Idee: Das Ende vom Director’s Cut von „The Abyss“, schon. Und die Szene in „Children of Men“, als sie mit dem Baby durch das Gefecht gingen, und für einen Augenblick Frieden war, und danach dann nicht mehr? Bitteschön. Ben, Optimist bleiben!