Während ich auf den Zug wartete, der dann später durch den nächsten, selbst verspäteten Zug ersetzt werden würde, las ich ein wenig. Nach und nach fuhren einige andere Züge ein, die nicht angekündigt waren, und so stand ich besser auf und schloss mich der langsam ungeduldig werdenden Menge an. Ich schaute mir dabei vergnügt einige Menschen an; die etwas ältere, übertrieben heraus geputzte Dame mit ihrer Tasche von Louis Vuitton – sie stieg später auch wirklich in Düsseldorf aus –, einige Jugendliche, vielleicht auf dem Weg von oder zur Schule, und eine Frau mittleren Alters, die einen kleinen Hund dabei hatte.

Letztere erzählte etwas, in gehobener Lautstärke. Ein Mann stand bei ihr in der Nähe und war ihr zugewandt. Langsam fing sie an auch zu gestikulieren, als der Mann sie schließlich unterbrach und fragte, „Entschuldigen Sie bitte, aber reden Sie eigentlich mit mir?“ Worauf hin die Frau entgegnete, „Nein, mit dem Hund. Ich bin doch nicht verrückt.“

Einige Zeit später, und schon in Düsseldorf, als ich in der Altstadt war, schalte es auf einmal durch an Laternenmasten angebrachte Lautsprecher. „Gott, Herr im Himmel, wir lieben dich. Jesus, der für unsere Sünden starb, wir lieben dich“, und andere, sich ständig wie ein Mantra wiederholende Bekenntnisse. Es folgte eine Prozession, bei deren Eintreffen schließlich Gesang ertönte. Zwei Reliquien wurden aufgebahrt, Geistliche in ihren Gewändern sollten ihnen folgen. Hinter ihnen liefen drei Schützenvereine, und abgerundet werden sollte die Menschenkette durch eine große Gruppe von Senioren, die andächtig auf ihre Papierzettel starten und wohl mitsangen. Danach setzten für einige Minuten die Mantren wieder ein, bis diese schließlich aufhörten, und einige der jüngeren Geistlichen zurückliefen, und schnell die Lautsprecher abbauten.

Wieder einige Zeit später, schon in Köln angekommen, gönnte ich mir aufgrund der sehr spät vorangeschrittenen Uhrzeit eine Rückfahrt mit dem Taxi. Ich unterhielt mich ein wenig mit dem Taxifahrer, der mich schließlich fragte, was ich denn so machen würde. Obwohl er bis dahin recht ruhig lauschte und fragte, unterbrach er mich in einer Bestimmtheit bei dem Wort Internet, und fragte mich, wie ich denn wohl die Entwicklung oder gar die Zukunft sehen würde. Ich entgegnete ihm, dass es wohl der Transhumanismus sei, und auf dem Weg dorthin die Erweiterung des menschlichen Körpers durch biologische oder technologische Maßnahmen. Auch hier hörte er dann wieder geduldig zu, und stellte nachdenklich einige Fragen. Als dann aber das Wort Nanotechnologie fiel, war’s dahin mit seiner angenehmen Ruhe, und wie ein plötzlicher Regenbruch erzählte er mir, wo sie bereits jetzt zu finden sei: in Klamotten, Farben, aber vor allem auch in Lebensmitteln. Und besonders im Ketchup. „Und das“, so sagte er mir, „finde ich überhaupt nicht gut.“

Zum „warum“ sind wir leider nicht mehr gekommen; da war die Fahrt vorbei. Ich begab mich dann in meine Wohnung und hörte noch ein wenig Musik, während mir wieder einfiel, wie mir ein Freund mal erzählte, wie Loriot zu seinen Geschichten kommt: einfach nur aufmerksam Menschen zusehen und zuhören.

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