Zum Inhalt springen

Bitte die Ängste nicht füttern

Posts

Die Vorstellung, ein Leben ohne Angst zu führen, und dafür eines, das mit Glück und Zufriedenheit erfüllt ist, klang für Max selbst einfach albern wie ein Spruch aus einem Glückskeks, und inzwischen anmaßend und frei von Verständnis für seine Situation, wenn andere es ihm nahelegten.

Jahrelang hatte er schließlich versucht, die Dinge zu ändern, immer und immer wieder. Glücklich zu sein, statt sich Sorgen zu machen und Angst zu verspüren. Seine Träume zu leben, statt das zu tun, was andere von ihm zu erwarten schienen. Kontrolle über sein Leben zu erlangen, statt die Angst sein Leben kontrollieren zu lassen. Und wie Max es versucht hatte.

Erst, als er es schaffte, die nötigen Schritte zu unternehmen, um seine Glaubenssätze zu ändern, und für sich zu verstehen, was es bedeutet, eine positive Grundeinstellung zu haben und letztlich Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, bemerkte er ernsthafte Veränderungen an und in sich selbst. Ohne es spirituell zu sehen oder sich etwas anzumaßen, fand Max etwas darin: Erleuchtung.

Für ihn bedeutete Erleuchtung letztlich nicht mehr, als einen Wendepunkt in seiner Wahrnehmung gefunden zu haben: Die gute Nachricht dabei ist, dass Wahrnehmung, obwohl sie durch äußere Faktoren beeinflusst wird, letztendlich eine innere Angelegenheit ist. Und das führte ihn zu der Erkenntnis, dass er selbst sein glückliches Leben schaffen könnte.

Seine Angst zu überwinden hat gedauert. Im Laufe der Zeit verstand Max allerdings, dass Angst nichts ist, wovor er sich fürchten müsste. Und auch, wenn die Angst niemals ganz verschwinden würde – in dem Augenblick, in dem er die Angst nicht länger fürchtete, hatte sie die Macht verloren, sein Leben zu kontrollieren.

Es ist harte Arbeit, sagt Max sich noch immer. Es ist aber viel härtere Arbeit und so viel erschöpfender, ständig Sorgen und Ängste zu bekämpfen, stellte er auf seinem Weg fest.

Interpretation

Angst ist eine mächtige und primitive menschliche Gefühlsäußerung. Sie warnt uns vor Gefahr, und sie war entscheidend dafür, dass unsere Vorfahren am Leben blieben. Sie kann in zwei Reaktionen unterteilt werden: biochemische und emotionale. Die biochemische Reaktion ist universell, während die emotionale Reaktion höchst individuell ist.

Angst ist auch unglaublich komplex. Einige Ängste können das Ergebnis von Erfahrungen oder Traumata sein, während andere Ängste etwas ganz anderes, wie etwa der vor dem Verlust von Kontrolle, darstellen können. Ängste können auch auftreten, weil sie körperliche Symptome hervorrufen, wie unter anderem Höhenangst, weil einem schwindlig und übel wird.

Und ein Aspekt von Angststörungen kann eben die Tendenz sein, Angst vor der Angst selbst zu entwickeln: Wo die meisten Menschen dazu neigen, Angst nur in einer als beängstigend oder bedrohlich empfundenen Situation zu erleben, können die Menschen, die unter Angststörungen leiden, Angst davor haben, eine Angstreaktion zu erleben. Sie nehmen ihre Angstreaktionen als negativ wahr und gehen bestimmten Situationen aus dem Weg, um diese Reaktionen zu vermeiden.

Umso wichtiger ist es, dass du begreifst, dass Angst nichts ist, dass du fürchten solltest. Du musst nur aufhören sie zu füttern. Und im Zweifelsfall solltest du dir dafür professionelle Hilfe suchen.

Randbemerkung

In der Gewalthandhabung wird zwischen biologischen und psychologischen Angstreaktionen unterschieden. Gegen die biologischen können wir uns nicht wehren; der Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, und vor allem bei längerfristigem Stress der von Cortisol – das ist der Augenblick, in dem uns unser Körper auf „Kämpfen oder Flucht“ vorbereitet. Deshalb setzt Gewalthandhabung beim Umgang mit der psychologischen Angstreaktion an, für die Effekte der biologischen Angstreaktion genutzt und bewusst gesteuert werden sollen.

Im Stoizismus lernen wir, dass wir zwar nicht entscheiden können, was uns passiert, sehr wohl aber, wie wir damit umgehen.


Dieser Text entstand ursprünglich für die zweite Version der ÜBERSCHRIFTEN.