FN 7: Die Wettbewerbsfalle
Du sitzt in der Runde. Es geht um das nächste große Projekt. Die Argumente sind scharf, die Analysen fundiert. Und doch spürst du es: Ein zweites Spiel läuft unter der Oberfläche. In diesem Spiel wird die Suche nach der besten Lösung der Frage untergeordnet, wer gewinnt.
Dein Vorschlag wird nicht auf seinen strategischen Wert geprüft, sondern darauf, wessen Agenda er dient. Der Fluss der Ressourcen ignoriert den strategischen Schwerpunkt
und folgt der Gravitation des politischen Machtzentrums. Jede Abteilung verteidigt ihr Territorium wie eine befestigte Stellung.
Wir haben gelernt, das „Wettbewerb“ zu nennen und als gegeben hinzunehmen. Es ist die Manifestation eines Glitches
in der Wahrnehmung – ein fataler Diagnosefehler. Der interne „Wettbewerb“, den du beobachtest, erzeugt Rauschen, das ein klares Signal überlagert. Eine psychologische Operation, die das System gegen Klarheit führt. Eine perfekt getarnte Denial-of-Service-Attacke
auf die kollektive Intelligenz.
Der als Wettbewerb getarnte Zustand der Konfliktvermeidung ist die eigentliche Bedrohung.
Ein geführter Konflikt transzendiert den Grabenkampf und wird zu einem Instrument der Kalibrierung. Ein Algorithmus zur Wahrheitsfindung, der alle Beteiligten zwingt, die eine entscheidende Frage zu beantworten: „Worüber streiten wir hier wirklich und welchem übergeordneten Auftrag dient die Lösung?“
Wettbewerb operiert auf der Ebene der Symptome – die vorgeschobenen Positionen, die taktischen Manöver. Der Konflikt zielt auf die strategische Ebene der Ursache – der unklare Auftrag, die fehlende Ziel-Funktion
des Systems. Die Fähigkeit, diesen Unterschied zu erkennen, zu benennen und zu nutzen, ist eine Kernkompetenz. Es ist die Doktrin, das Spielfeld neu zu gestalten, anstatt auf die Züge der anderen zu reagieren.
Beobachte in der nächsten Woche das Terrain. Wo immer du auf internen „Wettbewerb“ triffst, halte inne und stelle dir eine einzige operative Frage:
Was ist der wirkliche, unausgesprochene Konflikt, den dieser Wettbewerb verschleiern soll?
Allein diese Frage ist ein Manöver. Sie verschiebt deine Position vom Ziel im Operationsgebiet zum Analysten, der die Karte des Gebiets zeichnet. An die Stelle der Konfliktvermeidung tritt die Konfliktfokussierung
: die destruktiven Nebelkerzen des Wettbewerbs aufzulösen, um ausschließlich die entscheidenden Konflikte zu führen.
Ein geführter Konflikt erzeugt Klarheit und eine verbindliche Entscheidung. Wettbewerb hingegen verbrennt Energie und Fokus. Er ist die Endlosschleife der Ambivalenz.