PR 22-2: Protokoll der Kalibrierung des Zielzustands (Teil 2 von 2)
Protokoll
Ein klarer Zielzustand
ist eine Waffe. Wie jede Waffe kann sie bei falscher Handhabung nach hinten losgehen. Der Glitch
liebt die Eleganz eines Plans, der auf einer brillanten, aber fatal falschen Annahme beruht. Er konstruiert ein perfektes Luftschloss und feiert den Architekten, während das Fundament im Sumpf versinkt. Das Ergebnis: eine Strategie, die nicht scheitert, weil sie schlecht exekutiert wird, sondern weil sie von Anfang an falsch war – ein Start Wrong.
Die Kalibrierung deines Zielzustands
ist daher kein optionales Add-on, sondern ein Überlebensprotokoll. Es schützt dich davor, mit maximaler Effizienz in die falsche Richtung zu marschieren. Es gibt drei systemische Glitches
, die einen Zielzustand
korrumpieren:
- Glitch 1: Der prognostische Fehlschluss. Dein
Zielzustand
basiert auf dem, was du dir wünschst, anstatt auf dem, was wahrscheinlich ist. Er ignoriert die brutale Realität deiner eigenen Daten. Das ist die Planungsfalle, die auf einem unrealistischen Optimismus und der Ignoranz gegenüber der eigenen Basisrate des Scheiterns beruht. Du verlässt dich auf die Innenperspektive („Dieses Mal ist alles anders“) und meidest die kalte Dusche der Außenperspektive („Was ist bei 9 von 10 ähnlichen Versuchen passiert?“). - Glitch 2: Die Ressourcen-Illusion. Dein
Zielzustand
ist brillant, aber das System, das du bist, kann ihn nicht tragen. Er ignoriert deinen systemischen Engpass, sei es Zeit, Energie, Geld oder politische Unterstützung. Ein Plan ohne explizite Berücksichtigung des Engpasses ist zum Scheitern verurteilt. - Glitch 3: Die Falle der Rigidität. Dein
Zielzustand
wird zu einem detaillierten Feldzugsplan, der keinen Raum für Abweichungen lässt. Er jagt der Illusion von Gewissheit nach und bricht beim ersten Kontakt mit der Realität – der Reibung des Gefechts. Er ist spröde, nicht antifragil.
Das Kalibrierungs-Protokoll
Stelle deinem definierten Zielzustand
diese drei Filterfragen. Sie sind der Stresstest
für deine Strategie.
- Filter 1: Konfrontiere die Basisrate. Beantworte diese Frage mit brutaler Ehrlichkeit: Wie viele deiner letzten zehn Vorhaben einer vergleichbaren Größenordnung hast du exakt wie geplant abgeschlossen? Was war die durchschnittliche Abweichung bei Zeit und Budget? Das ist deine Referenzklasse. Dein
Zielzustand
muss diese Realität als Basis anerkennen. - Filter 2: Identifiziere den Engpass und puffere ihn. Welches ist die eine Ressource, deren Knappheit den gesamten Plan zum Scheitern bringen wird? Identifiziere sie. Nun die entscheidende Frage: Wie viel Puffer – an Zeit, Geld, alternativen Optionen – hast du explizit um diesen Engpass herum gebaut, um unvorhergesehene Schocks abzufangen? Ein robuster Operationsplan zeichnet sich durch explizite Puffer aus; alles andere ist ein Lottoschein.
- Filter 3: Formuliere die Commander's Intent. Reduziere deinen
Zielzustand
auf den einen, nicht verhandelbaren Kern. Unterscheide klar zwischen dieser Mission und den Wegen, die dorthin führen. DeinZielzustand
fungiert als Commander's Intent: Er gibt die Richtung vor, die auch im Chaos Bestand hat, während die Methoden flexibel bleiben, um dezentrale Operationen zu ermöglichen.
Ein Zielzustand
ist kein Orakelspruch. Er ist ein Navigationsinstrument. Die Kalibrierung stellt sicher, dass dieses Instrument nicht nur auf deinen Wunschort, sondern auch auf die Realität des Terrains eingestellt ist.
Dieser Text ist das zweite von zwei Protokollen zum Thema Endspiel.