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Eine Woche ohne Haare an den Beinen

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Es gibt viele Möglichkeiten der Selbsterfahrung – wirklich viele; aber erst die Gründe dazu. Warum ich mich für diese entschieden habe! Vielleicht, weil ich an jenem Donnerstagnachmittag nichts Besseres zu tun hatte. Weil ich wissen wollte, wie „es“ ist. Damit ich windschnittiger bin. Ich meine Waden ohne Halbschatten betrachten kann. Nach zufällig ereiltem Tod ich nicht für ein Bindeglied zu Sasquatch gehalten werde. Ob Einweg–Rasierer für Frauen wirklich besser sind als für Männer. Wie lange der Akku meines Rasierers hält. Der Sport besser fluppt. Wie lange ich unter laufendem Wasser stehen kann. Irgendetwas, und bestimmt auch alles davon.

Was ich also getan habe, und gut, man kann es schon am Titel erkennen: Ich habe mir mal die Beine rasiert. Oben, unten, hinten, vorne (man möge mir verzeihen: kicher – aber natürlich nicht alle), wo auch immer man(n) nun mal so Haare haben kann. Was ich dafür also benutzt habe: eben besagte Einweg–Rasierer, sowohl für Frauen als auch für Männer, einen richtigen Rasierer, laufendes Wasser unter der Dusche und für danach: Hautbalsam.

So fing es also recht harmlos an, der Kleider entledigt unter die Dusche, sich bücken, Wasser in die Nase laufen lassen, lachen. Vielleicht den Wasserstrahl etwas ändern. Also bücken, Wasser in die Nase, lachen. Moment, hatten wir schon! Also: als gegeben hinnehmen, die Luft anhalten und zwischendurch einfach ein wenig drehen oder irgendwie so etwas. Die Haare grob mit dem elektrischen Rasierer entfernt, Wasser in die Nase laufen lassen, Haare vom Rasierer und von den Beinen entfernen, und das beliebig oft wiederholt, bis ich meinen rechten Oberschenkel freigelegt habe. Dann das erste Mal überlegen, was zur Hölle man da tut, aber feststellen, dass das nun wirklich merkwürdig aussieht, wenn man das so lässt.

Also den Einweg–Rasierer in die Hand und wie mit der Bürste schrubben. Oder so. Während das Wasser in die Nase läuft. Ich beschließe also, den Mund offenzulassen, das Wasser zu sammeln und zwischendurch lachend oder auch fluchend auszuspucken. Diese Schritte habe ich also so oft wiederholt, bis ich mir sicher sein konnte, dass ich wirklich die Nase voll (Wasser) hatte und meine Beine jetzt eben so haarlos sind wie mein Kopf bald sein wird, wenn das so weitergeht, oder einfach, wie es mein Oberkörper schon ist. Aus der Dusche raus, abgetrocknet und hier und da noch ein paar Haare entfernt, eingecremt, und Meinen Leuten erzählt. Hurra! Alles toll, so glatt, so glatt! Muskeln spielen lassen. Festgestellt, dass meine Beine so bleich sind wie … ich. Na, noch ein wenig heller.

Mit emanzipierter Männlichkeit trage ich stolz keine Haare mehr unter meinen Beinkleidern und fühle mich befreit! Schnittig, dynamisch, sportlich! Für ungefähr einen Tag – dann fingen die Haare nämlich wieder an nachzuwachsen. Am Freitagabend darauf lief noch alles ausgezeichnet, doch als ich müde wurde, sich merklich die Kälte einschlich und ich eine Gänsehaut bekam. Was zur Hölle! Meine Oberschenkel fühlten sich wie auf ein Nadelkissen gelegt, und, meine Güte, wie unangenehm das sein kann, uuh ooh, und wenn ich das gewusst hätte, was ich dann fünf Tage später tun würde, Hilfe! Das war ja unangenehm. Gott sei Dank war da die weibliche Begleitung schon selbst auf dem Weg nach Hause und als ich einem schon in Halbschlaf verfallenen Freund gegenüber saß, er nur hoffentlich halb mitbekam, wie ich mir ständig meine Oberschenkel massierte und sie zu überzeugen versuchte, dass eine Gänsehaut mal gerade so etwas von fehl am Platze war! Trotzdem konnte ich schlafen – drei Stunden später.

Als hätte ich spätestens da meine Lektion nicht schon gelernt, hatte ich auch einen entsprechend lustigen Samstag, weil ich nur vier Stunden geschlafen hatte. Eben wieder: Müdigkeit + Kälte = Gänsehaut. Danke. Nicht, dass das gejuckt hat, es war nur eben so, als würde jemand von der Unterseite der Haut Nadeln reinstechen. Das ist aber, ich meine, warum, schon bei der Erinnerung! Abends war ich nur auf einer Geburtstagsfeier, und wen stört es da schon, wenn man sich ständig an den Beinen rumspielt. Sonntag hatte ich mir dann meine Beine eingecremt, mit ihren lustigen roten Pünktchen, die ich dann bekam, wenn ich eine Gänsehaut hatte, und weiß Gott wieso ich gerade die Tage so oft eine haben musste, Hallo, ich meine, warum an den Beinen? Überlebt habe ich es aber trotzdem. Das merkwürdige Gefühl hatte sich nun endlich größtenteils gelegt, und bei einer kleinen Kleiderprobe am Montag war es auch ganz angenehm und entspannt, wenn man im Spiegel mal seine Beine wirklich sehen kann.

Ende? Nicht ganz. Eben fünf besagte Tage später wollten es meine Beine noch mal wissen. Da saß ich da also in einem Büro und vollkommen ohne Vorwarnung hat es ein letztes Mal gekribbelt. Ich habe versucht mich stoisch zu verhalten, mir nichts anmerken zu lassen, kurz meine Oberschenkel zu massieren, aber ich konnte nicht gegen halten. Ich musste aufstehen. So stand ich also auf und fasste mir ans linke Bein, an die Innenseite, genau zwischen Knie und dem, wo das Bein nun mal anfängt, und kratze mich – als natürlich passenderweise unser Freund von McKinsey die Tür betrat und, nun, „das“ eben von der Seite sah. Sehr elegant. Nachdem er unser Projektbüro verlassen hatte, meinte mein Leiter: „Ben, das kannst du doch nicht machen, dich an den Eiern zu kratzen, wenn jemand im Raum ist, das geht so!“ – und fasst sich mit der Hand in die Hose. Ein Kollege: „Na, so lang ist der aber auch nicht.“ Unsere Praktikantin: „Schade.“

Und die Moral: ich werde mal einen Drei-Tage-Bart an den Beinen versuchen, wie im Gesicht. Kann klappen. Jetzt, wo es auf den Sommer zugeht! Aber sonst? Voller Stolz das Licht beim Sex anlassen! Wenn da die Frau nicht selbst wollte, dass es ausgemacht wird. Nebenbei also ein Rätsel der Sexualität gelöst. Nicht. Uh. Mich juckt es.