FN 90-1: Die Physik der Wirkungslosigkeit (Teil 1 von 2)

Feldnotiz

Wir beobachten eine Inflation des Aktivismus bei gleichzeitiger Deflation der Wirkung. Die Energie ist hoch, die Resultate sind marginal. Das ist kein Versagen des Willens. Es ist ein Glitch im Betriebssystem des Handelns.

Das Narrativ des „Unternehmerischen Selbsts“, das uns seit Jahrzehnten kalibriert, ist kein Zufall. Es ist ein brillantes Stück Social Engineering. Es isoliert Akteur:innen, indem es kollektive Probleme in individuelle Leistungstests verwandelt. Der Appell, „etwas zu tun“, wird so zur Aufforderung, ein Solo auf einem Schlachtfeld zu spielen, das für Orchester ausgelegt ist. Der resultierende Aktivismus ist oft nur die unternehmerische Vermarktung der eigenen Betroffenheit.

Die konventionelle Antwort darauf – der Ruf nach „mehr Vernetzung“ – greift zu kurz. Sie behandelt das Symptom, nicht die Pathologie. Sie führt oft nur zu Synchronisations-Theater: Wir trifft uns, um uns der gemeinsamen Absicht zu versichern, während die operative Logik unangetastet bleibt.

Der strategische Hebel ist der Wechsel des Spiels. Die operative Frage fokussiert sich auf den Bau einer minimal funktionsfähigen Zelle eines parallelen Systems. Dein Handeln zielt darauf ab, einen Proof of Concept zu liefern: eine Demonstration, die das alte System durch die Anziehungskraft ihrer überlegenen Logik irrelevant macht.

Das ist die Gravitation von Agency. Sie entsteht aus dem Beweis, dass eine andere Physik möglich ist, und zieht andere in ihren Orbit.


Dieser Text ist die erste von zwei Feldnotizen zum Thema Physik der Wirkungslosigkeit.