FN 78: Der eigentliche Hebel

Feldnotiz

Wir sind darauf konditioniert, auf Gesichter zu schauen: auf die Person an der Spitze, den neuen CEO, den Kanzler. Die mediale Debatte zoomt auf ihre Entscheidungen, Rhetorik und Fehler. Das ist der lauteste Teil des Spiels, die hellste Bühne – und eine kognitive Falle.

Wenn du deinen Auftrag ernst nimmst, kalibrierst du deinen Fokus neu: Weg von der Applikationsebene – den Personen – hin zur Architektur des Systems. Die entscheidende Frage ist nicht, wer gerade den Hebel in der Hand hält. Die entscheidende Frage ist: Wie ist der Hebel konstruiert? In welche Richtung kann er überhaupt bewegt werden? Welche unsichtbaren Federn ziehen ihn immer wieder in die Ausgangsposition zurück?

Das sind die Regulierungen, die Prozessvorgaben, die etablierten Kommunikationswege, die informellen Loyalitäten und die tief verankerten Annahmen. Sie bilden die Grammatik der Macht, lange bevor eine Person das Amt antritt. Eine neue Figur mit den alten Werkzeugen im selben System zu installieren, produziert vor allem eine teure Form von Stillstand: Reibung.

Das ist keine zynische Absage an den Willen zur Veränderung. Es ist eine Anleitung zur effektiven Intervention. Wer das System transformieren will, muss aufhören, dessen Avatare anzugreifen, und anzufangen, seine Physik zu verstehen.

Deine Aufmerksamkeit ist die knappste Ressource. Worauf kalibrierst du sie?

Auf die Marionette oder auf die Fäden?