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1838 ÜBERSCHRIFTEN später …

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Die ÜBERSCHRIFTEN in der Berlin Black BoxDie ÜBERSCHRIFTEN in der Berlin Black Box

Die ÜBERSCHRIFTEN gibt es nun inzwischen ungefähr fünf Jahre. Und wenn du genauso lang jeden Tag eine andere lesen würdest, hättest du noch immer welche übrig! Das ist eine Ansage für mich, kurz innezuhalten und laut zu reflektieren.

Ich glaube, wenn ich an die ÜBERSCHRIFTEN als Kunstprojekt in letzter Zeit denke, dann freue ich mich zuallererst darüber und bin dankbar dafür, dass Manuel Schroeder es ermöglicht hatte, sie letztes Jahr recht prominent in den öffentlichen Raum zu bringen, in der BerlinBlackBox. Dadurch, dass sie räumlich und zeitlich von mir unabhängig passierten, habe ich selbst auch noch wieder einen anderen Blick auf sie bekommen. Außerdem ist es schon ein Stück weit lustig, dass ich es nicht geschafft hatte, die Installation selbst zu sehen.

Was mir allerdings genauso aufgefallen und als dröge Metrik in Tabellen auftaucht ist, dass sie trotzdem fernab von dem funktionieren, wie sie es vor und zu Beginn von Corona taten. Das ist wohl einfach der Lauf der Dinge, wie sich Social Media in den vergangenen Jahren verändert hat, was für „Engagement“ alles getan werden muss; den sich ständig ändernden Algorithmen huldigen, um nicht als Schatten der Inhalte zu leben, den nur ihre Erschaffer:innen selbst sehen können. Es wäre leicht, so etwas wie der stetigen Hypernormalisierung zuzuschieben – dass sich allerdings unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit gerade besonders stark verschiebt, ist wohl nicht zu leugnen.

Es ist aber nicht nur so, dass Social Media ein Polarisierungsproblem hätte, oder die Sache mit den Likes Netzwerk-Effekte Matthäus-mäßig passieren lassen. Auch das gute alte Web von früher™ bekommt Schlagseite, und für die ÜBERSCHRIFTEN bedeutet das, dass immer weniger Menschen auf der Website landen. Die mit Abstand häufigst aufgerufene Seite ist die Startseite, dann fallen die Zahlen massiv ab, dann kommt das Impressum, dann mit wieder weniger die Seite für die App, und dann gehen die Zahlen gegen null – nicht relativ, sondern absolut –, wie oft die anderen Seiten aufgerufen werden, wie die zum Hintergrund oder auch die Danksagungen.

Ich habe daher gelegentlich den an sich nicht bloß nur gut gemeinten Ratschlag bekommen, dann doch mehr mein Gesicht zu zeigen, die Person hinter den ÜBERSCHRIFTEN, mich mehr zu präsentieren, um den menschlichen Drang zu befriedigen, sowohl hinter den Vorhang zu blicken, als auch eben die Neigung, Inhalte mit Persönlichkeit zu verknüpfen.

Nur: Dafür, dass Leute gerne sagen, dass sie wissen wollen, wer das macht, schaut es sich nahezu niemand an. Zumindest, wenn es ihnen nicht Social-Media-mäßig in ihrem passiven Konsum direkt in die Aufmerksamkeitsspanne gespielt wird. Dagegen wird dann gerne emotional argumentiert – und ich glaube ihnen, dass sie das glauben –, dass das nicht so ist. Allerdings sehe ich halt schwarz auf weiß, ganz nüchtern, in ebendiesen wunderbaren Tabellen, wie die zumindest da messbare Wirklichkeit aussieht. Und ich habe dabei in den letzten fünf Jahren so einiges an Geld und Zeit reingesteckt, Testballons gestartet, A/B-Tests und so weiter gemacht, um das digital und analog auszuloten, wie:

Die ÜBERSCHRIFTEN mit den zweiten Slides, also den ausführenden Texten und Handlungsvorschlägen, liefen nicht besser – im Gegenteil –, die empirisch belegten oder begründeten Hintergründe habe sich nur ein paar Dutzend Leute durchgelesen; auch die ÜBERSCHRIFTEN mit Projektionen, egal ob echte oder virtuelle, liefen nur maximal einstellig prozentual besser.

Es spielt mir zumindest zu, dass es mir ohnehin wichtig ist, „mich“ da rauszuhalten im Sinne der Öffentlichkeit und dem Ziel der ÜBERSCHRIFTEN, eben die Aussagen der Aussagen wegen zu präsentieren, und nicht, weil „ich“ das sage. Immerhin ist alles, auch „ich“, komplett transparent, wenn denn jemand schauen will, und das mache ich dann auch einfach. Und dann kommen dafür immer echte Kontakte bei herum. Eine Art positive Schwelle, wenn du so willst, und die Menschen, die ich so kennengelernt habe, schätze ich dafür umso mehr.

Ich werde die ÜBERSCHRIFTEN auch in Zukunft weiter erweitern, pflegen und veröffentlichen. Allerdings habe ich jedes zuspielende Projekt, wie sie zu kommerzialisieren – und wenn es nur Poster oder Taschen sind –, abgehakt, und werde sie selbst in der Form als Kunstprojekt nicht weiter vorantreiben. Sie sind so, wie sie sind, werden von mir Kaizen-mäßig immer weiter verfeinert, und ich werde es Menschen weiter leicht machen, „mich“ zu kontaktieren.

Aber das ist es dann auch. Ich möchte den Leuten nicht erzählen, was sie bei den ÜBERSCHRIFTEN zu denken haben, nur damit sie populärer werden. Ich möchte nicht, dass sie mit irgendeiner Art von Manipulationstechniken, derer sich Influencer bedienen müssen, in Verbindung gebracht werden. Und ich werde auch kein Geld in Werbung stecken, um passiv Leute zu ihnen zu führen. Oder sie bunter machen, animiert, lauter, was auch immer; all die Dinge, die sie von ihrem Wesen entfernen.

Es passiert nicht viel, nicht laut, allerdings passiert es für die Menschen, die die ÜBERSCHRIFTEN aus welchen Gründen auch immer schätzen, für sie und mich glaubwürdig, langsam, mit Bedacht. Deshalb ist da keine Verbitterung oder gar eine mangelnde breite Aufmerksamkeit, der ich hinterher trauern würde, ganz im Gegenteil. Es ist nur so, dass Grauschattierungen ein schweres und delikates Geschäft geworden ist, das außerhalb dieser Schauplätze der Selbstdarstellung und Nichtplätzen der Aufmerksamkeit passiert.

Und dort werden die ÜBERSCHRIFTEN bleiben, hoffentlich für noch viele Jahre mehr, als es sie schon gibt.


Danke an die ruhe selbst für die Inspiration zu diesem Post.